Kapelle zu Hötzl
1960 wurde die jetzt bestehende Kapelle neu errichtet – Ursprung geht auf das Jahr 1834 zurück und war einmal ein Wallfahrtsort
„Hart an der Grenze der Gemeinden Kirchberg und Wittibreut, auf einem Höhenzug, der Wasserscheide zwischen Inn und Rott, mit besonders lohnender Fernsicht nach Süden auf die lang gestreckte Gebirgskette, liegt die Ortschaft Hötzl. An ihrer Nordostecke steht eine Kapelle“, ist in einem Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1960 zu lesen. Man erfährt weiter, dass diese anstelle der alten, baufällig gewordenen Kapelle wieder neu erbaut wurde und schon die alte Gottesstätte sowohl kultur- als auch heimat- und kunstgeschichtlich bedeutsam war.
Traudl Obernhuber, geboren 1935 und einstige „Hötzl-Wirtin“, kümmert sich mit ihrer Tochter Betty und Schwiegersohn Willi Allramseder um die Kapelle, erzählt zum Beispiel von den schönen Maiandachten, die hier immer gefeiert wurden. Sie weiß noch genau die alte Kapelle, die zwischen zwei Lindenbäumen stand, wie von Hand für die Grundfeste für die neue Glaubensstätte ausgeschaufelt, ehrenamtlich gemauert und gezimmert wurde.
1977 stand in der PNP: „Wer sich bei der Hötzl-Wirtin im nahen Gasthaus den Schlüssel geholt und auf der schmalen Betbank Platz genommen hat, wird vielleicht ein wenig zurückdenken und überlegen, was das Kirchlein wohl schon alles erlebt haben mag“. Durch die Erzählungen von Traudl Obernhuber und Aufzeichnungen des Heimatchronisten Karl Schaefler kommt man der Geschichte näher.
Schaefler schreibt: „Als im Frühjahr 1959 Max Peinkofer von Bischofsmais auf einer Reise zufällig an der schon ruinösen Kapelle vorbeikam und sie besuchte, stellte er die kulturgeschichtlich hohe Bedeutung ihrer Innenausstattung fest. Wie aus dem alten Schrifttum im Ordinariatsarchiv zu Passau hervorgeht, wurde die Kapelle am 14. Mai 1843, neun Jahre nach ihrer Erbauung im Jahre 1834, vom damaligen Pfarrer von Kirchberg, Max Denk, eingeweiht. Die Kapelle stand ursprünglich mitten im Walde, da dieser damals beiderseits bis an die Straße heranreichte. Erbaut wurde sie von Josef Meindl, dem „Hinterhötzlbauern“.
Bereits 1848 war sie eine viel besuchte Wallfahrtstätte zum „Leidenden Heiland“ und zur Märtyrerin Apollonia, der besonderen Fürbitterin bei Zahnkrankheiten. Die frühere Hötzl-Wirtin berichtet, dass tatsächlich Zähne als Votivgaben als Dank nach Heilung von Zahnschmerzen hier waren und auch Gaben als Dankbarkeit etwa für eine Rückkehr aus den Weltkriegen. Laut Schaefler sagte man noch um 1900 den Zahnkranken vertrauensvoll: „Geh zur heiligen Apollonia nach Hötzl“. Allgemein war es um der Zeit der Erbauung der ersten Kapelle um die Hilfe und Fürsorge bei Krankheiten schlecht bestellt. Das Landvolk setzte daher gerade bei quälenden Zahnschmerzen auf die Hilfe der heiligen Apollonia, deren eigenartiges Martyrium dem Hötzlbauern aus der Legende wohl bekannt war:
Bevor sie den Scheiterhaufen bestieg, um wegen ihres Glaubens verbrannt zu werden, wurde sie grässlich gefoltert. Dabei wurden ihr alle Zähne herausgeschlagen. Als Fürbitterin bei Zahnkrankheiten hält sie eine Zange in der linken Hand.
Es ist erhalten, mit welch großem Eifer Josef Meindl um die Innenausstattung seiner Kapelle bemüht war. Es war eine kunstvolle Holzplastik des leidenden Heilands im Kerker vorhanden (von Frevlern aus der Kapelle gestohlen – steht im Simbacher Heimatheft). Bis heute erhalten ist eine Holzplastik der Mutter Gottes mit dem Heiland im Schoße (eine Dreihand-Pieta), die Figuren des hl. Florian und der hl. Apollonia.
Für den Neubau der Kapelle setzte sich nicht nur die Familie Ritzinger (Ritzinger war der Nachname der Mutter von Traudl Obernhuber und des Stiefvaters), Ehrenamtliche, Gemeinde und Kirchenverwaltung von Kirchberg, der Landkreis, sondern auch Regierungs-Oberbauinspektor i. R. Karl Mühlhuber aus Simbach ein. Mühlhuber übernahm unentgeltlich die Planung und Baubegleitung.
Am Sonntag, 24. Juli 1960 nachmittags wurde die Kapelle von Pfarrer Hinter aus Kirchberg eingeweiht. An der Feier nahmen unter anderem Teil: Landrat Dr. Oswald, Max Peinkofer aus Bischofsmais, Kreisheimatpfleger Karl Schaefler, die Bürgermeister von Kirchberg und Wittibreut, Oberbauinspektor Karl Mühlhuber, alle am Bau beteiligten Handwerker und Arbeiter, Gönner und Freunde der Kapelle. Die musikalische Gestaltung übernahm Lehrer Neuburger mit seinem Kirchenchor Kirchberg.
Nach der Einweihungsfeier kam man in der „Hötzl-Gaststätte“ zusammen. Ein Mädchen trug folgendes Gedicht vor: „Im Grünen auf der Hötzlhöh’, ein schmuckes Kirchlein steht, lädt jeden ein zu kurzer Rast, der dort vorüber geht. Trittst, Wanderer, du ins Kirchlein ein, Erbauung ist dein Lohn. Es hält die Schmerzensmutter dort im Schoss den toten Sohn. Sie bietet Trost und Hilfe dir in Leid und jeder Not, ermahnt dich auch, getreu zu sein, getreu bis in den Tod. Sankt Florian, Apollonia, steh’n schützend ihr zur Seit’, sie geben dir im Lebenskampf auch sicher das Geleit….“ Verfasst: E. P. (Elisabeth Pinzl).
Das Hötzl-Wirtshaus gibt es heute nicht mehr, hier ist jetzt das Wohnhaus, in dem Betty und Willi Allramseder und Traudl Obernhuber daheim sind. Aus früherer Zeit stehen noch die zwei Lindenbäume, zwischen denen die erste Hötzl-Kapelle stand. Normalerweise ist die 1960 eingeweihte Kapelle verschlossen. Gerne wird aber aufgesperrt und man freut sich, wenn die Kirchberger und Wittibreuter hier gemeinsam zum Beispiel eine Maiandacht feiern.
Text und Bild: Christina Schmid