Palmkapelle Christine Schmid

Palmkapelle

Die Palmkapelle in Simbach und ihre Geschichte, die nicht vergessen werden sollte

Kaum bemerkt im All­tags­ge­fü­ge steht die Palm­ka­pel­le heu­te in der Adolf-Kol­ping-Stra­ße vor dem eins­ti­gen Kol­ping­haus. Frü­her hat­te sie ihren Platz an der Ein­mün­dung der Palm­stra­ße in die Adolf-Kol­ping­stra­ße, mit der Umge­stal­tung des Are­als zum jet­zi­gen Dult­platz wur­de sie an ihren heu­ti­gen Platz ver­setzt und ist im Besitz der Stadt Sim­bach.
So still es jetzt um die­ses Glau­bens­zeug­nis gewor­den ist, so bewegt ist die Geschich­te dazu. Karl Schaef­ler schrieb in Denk­mä­ler gläu­bi­gen Volks­sinns aus alter und neu­er Zeit“: Die Kapel­le steht an dem nach Atz­ing füh­ren­den Fuß­weg. Ursprüng­lich stand dort eine Kreuz­säu­le, die den alten Wall­fah­rer­weg Sim­bach – Atz­ing – Alt­öt­ting kenn­zeich­ne­te. Im Kreis­ar­chiv zu Mün­chen sind über die­se Kapel­le aus dem Jah­re 1839 zwei Auf­schrei­bun­gen vor­han­den. In der einen heißt es: Der Post­hal­ter Chris­ti­an Stur­ny von Leng­dorf will auf dem Wege von Sim­bach nach Atz­ing und wei­ter nach Alt­öt­ting anstel­le einer bis­her dort gestan­de­nen Kreuz­säu­le eine Feld­ka­pel­le errich­ten mit einer Chris­tus-Figur Chris­tus in der Wies“, wie sie bereits an der Kreuz­säu­le ange­bracht war, und mit den Figu­ren des Hl. Leon­hard und Hl. Flo­ri­an. Mit aller­höchs­tem Erlass vom 17.12.1839 wur­de die Errich­tung der Kapel­le geneh­migt“.
Oskar Voll, Mit­glied des akti­ven Arbeits­krei­ses des Hei­mat­mu­se­ums Sim­bach, hat zum Bei­spiel noch ein altes Foto, das eine Inschrift zeigt, die an die Reno­vie­rung der Kapel­le im Okto­ber 1935 durch Otto Dat­tin­ger und Max Schram erin­nert. Hei­mat­chro­nist Rudolf Vier­lin­ger ver­öf­fent­lich­te am 1. Novem­ber 1990 im Sim­ba­cher Anzei­ger fol­gen­de Zei­len anläss­lich einer erneu­ten Reno­vie­rung. Die Palm­ka­pel­le ist seit meh­re­ren Jah­ren ver­waist. Unbe­kann­te Die­be haben die Chris­tus­fi­gur, wel­che das klei­ne Denk­mal zier­te, gestoh­len…“ Josef Hirsch, damals 2. Vor­sit­zen­de des För­der­ver­eins Hei­mat­mu­se­um, schnitz­te eine neue Chris­tus­fi­gur, die heu­te dar­in steht. Vier­lin­ger wei­ter: Die Palm­ka­pel­le, wie die­se klei­ne Gebets­stät­te in Sim­bach all­ge­mein genannt wird, hat eine Geschich­te, die nicht ver­ges­sen wer­den soll­te. Vor rund 150 Jah­ren (Stand 1990) war Chris­ti­an Stur­ny von Leng­dorf der wohl­ha­bends­te Mann von Sim­bach. Er war könig­li­cher Post­hal­ter und besaß zudem gro­ßen Besitz an Grund und Boden sowie Immo­bi­li­en. Auch die Wie­sen und Fel­der des heu­ti­gen Bahn­ge­län­des gehör­ten dazu und in die­sem Bereich führ­te von Sim­bach nach Atz­ing, etwa an Stel­le der heu­ti­gen Kol­ping­stra­ße, ein klei­ner Feld­weg, an dem eine Kreuz­säu­le stand“. Hier ließ Stur­ny die Kapel­le mit drei Figu­ren errich­ten. Von Anfang an wur­de die­se Palm­ka­pel­le“ genannt. Karl Schaef­ler bezeich­ne­te sie auch als Ent­holz­ner-Kapel­le“, ver­mut­lich nach einem spä­te­ren Besitzer. 

Palm­stra­ße, Palm­ka­pel­le in Sim­bach, wor­auf ist dies zurück­zu­füh­ren? Die Volks­sa­ge bringt die Kapel­le, bezie­hungs­wei­se die frü­he­re Kreuz­säu­le, in Zusam­men­hang mit dem geschicht­lich denk­wür­di­gen Ereig­nis der Erschie­ßung des Nürn­ber­ger Buch­händ­lers Johann Phil­ipp Palm in Brau­nau am Inn am 26. August 1806. Damals sei vom fran­zö­si­schen Macht­ha­ber in Bay­ern von Mün­chen ein Bote gesandt wor­den, der noch in letz­ter Stun­de das Begna­di­gungs­de­kret für Palm über­brin­gen soll­te. Doch wie sehr die­ser auch in anstren­gen­dem Ritt gegen Brau­nau eil­te, gelang ihm dies nicht mehr. Denn eben war er an Leng­dorf vor­bei­ge­kom­men, da ver­nahm er von der Fes­tung Brau­nau her­über schon den Knall der Gewehr­sal­ve, unter wel­cher Palm zusam­men­brach. Das schreck­li­che Bewusst­sein über­kam jetzt den Boten: Es ist zu spät! Bereits hat der Held sein Leben gelas­sen, die Begna­di­gung erreicht ihn nicht mehr. Die Kun­de von solch ent­setz­li­cher Tücke des Schick­sals ver­brei­te­te sich sogleich im Volk.
Zur blei­ben­den Erin­ne­rung an die­se Bege­ben­heit wur­de dar­auf­hin zu Leng­dorf an der Stel­le, an der der Bote eben ritt, eine Kreuz­säu­le errich­tet, so der Volks­mund“, hielt Schaef­ler fest und auch, dass sich die geschicht­li­chen Tat­sa­chen nicht voll­ends damit decken. Wohl war die Gat­tin Palms unter ande­rem auch beim fran­zö­si­schen Macht­ha­ber mit der Bitt­schrift um Erhal­tung des Lebens ihres unschul­di­gen Gat­ten vor­stel­lig gewor­den; aber dar­auf­hin erhielt sie die Ant­wort, dass er in ihrer Sache nichts tun kön­ne, er habe sich nach genau­en Wei­sun­gen zu rich­ten, die aus Paris selbst ein­ge­gan­gen sei­en. Den­noch ist aber wenigs­tens das eine noch geschicht­lich ver­bürgt, dass damals im Auf­tra­ge des Mar­schalls Bert­hi­er ein Kurier von Mün­chen gegen Brau­nau eil­te. Er traf auch über und über bestaubt“, wie Her­mann Thier­mann in sei­nem Buch Erschos­sen in Brau­nau“ schreibt, gera­de noch recht­zei­tig in Brau­nau ein. Sei­ne Bot­schaft galt aber nicht Palm, der bereits tot war, son­dern dem eben­falls wegen der Flug­schrift Deutsch­land in sei­ner tie­fen Ernied­ri­gung“ ange­klag­ten, in Brau­nau ein­ge­ker­ker­ten und mit Palm zum Tode ver­ur­teil­ten Han­dels­mann Josef Scho­de­rer aus Donau­wörth. Eine Stun­de vor der Hin­rich­tung ret­te­te die­sem Häft­ling Napo­le­ons der Bote noch das Leben. 

An all das Gesche­hen erin­nert die Sim­ba­cher Palm­ka­pel­le“, die eigent­lich ein Bild­stock ist. Kaum bemerkt ist die Glau­bens­stät­te im All­tags­ge­fü­ge und doch so vol­ler Geschich­te, die tat­säch­lich nicht ver­ges­sen wer­den sollte.

Palmkapelle

Text und Bild: Chris­ti­na Schmid

Pfarrei St. Marien

Inmitten der Stadt Simbach erhebt sich der fast 50 Meter hohe Turm der Stadtpfarrkirche St. Marien.